Apfelschorle
Member
Guten Abend zusammen, ich schieße einfach mal direkt los.
Es fühlt sich so an, als sei ich in einer Zwischenwelt , also nicht mehr ganz in der Realität, aber auch noch nicht komplett raus.
Mit 15 Jahren habe ich eine Erythrophobie entwickelt, also die Angst vor dem Rotwerden, danach folgten die Diagnosen generalisierte Angststörung, Depression, Dissoziation, Magersucht, körperdysmorphe Störung und vor zwei Jahren stellte sogar eine Ärztin den Verdacht auf eine schizzoaffektive Störung. Heute bin ich 30 Jahre alt. Aktuelle Diagnosen meiner Therapeutin: gen. Angststörung, Dissoziation und Depression
Ich identifiziere mich sehr stark mit Diagnosen. Mein eigentliches Ich existiert seit 15 Jahren nicht mehr. Seit 15 Jahren dreht sich alles nur noch um meine Gesundheit. Weil ich das Gefühl hatte, anders zu sein und deshalb Angst vor Ablehnung hatte, habe ich noch nie eine normale Beziehung zu einem Mann gehabt. Ich dachte immer, ich muss erst gesund werden, dass mich jemand lieben kann. Generell habe ich auch keine Freunde mehr und nichts, was mir Spaß macht. Ich fühle mich wie gefangen in einem Albtraum.
Das schlimmste Symtom das ich habe ist das Gefühl betrunken zu sein / komische Wahrnehmung, wurde von einigen Ärzten/ Psychologen als Dissoziation diagnostierzt. Es ist dauerhaft da, ich fühle mich so entfernt von allem und so leblos. Wenn ich Stress habe, wird es schlimmer, dann bin ich total unkonzentriert, desorientiert, alles dreht sich, ich sehe dann auch nicht mehr so gut. Abends, wenn es dunkel wird, wird es oft schlimmer. Ich habe irgendwie Angst, raus zu gehen, wenn es dunkel wird. Alles erscheint so komisch und irgendwie bedrohlich. Auch tagsüber fühle ich mich schon so seltsam, aber wenn es dunkler wird, wird es eben nochmal verstärkt, da wirkt alles so bedrohlich, Autos, die an mir vorbeifahren, oder auch Menschen. Es fühlt sich so an, als hätte ich 10 Tage nicht geschlafen. Einfach eigenartig alles. Ich denke mir dann, dass ich jetzt bloß keine Angst vor den Menschen bekommen sollte, denn das wäre ja ein Anzeichen einer Psychose, wenn ich jetzt denken würde, sie wollen mir etwas antun. So steigere ich mich nie in sowas rein, aber das bedrohliche Gefühl ist trotzdem da.
Meine Psychologin und Ärztin denken, dass es eine Angststörung ist, denn bei mir ist es so, dass ich, wenn ich Angst vor etwas habe, zb Angst vor einer Psychose, dann bilde ich mir teilweise Symptome ein, die man bei der Erkrankung hat. Aber diese komische Wahrnehmung ist wirklich da. Mein Vater hatte auch mal eine Psychose und ihm wurde eine paranoide Schizophrenie attestiert, als ich 15 Jahre alt war. Seit der Verdachtsdiagnose einer Ärztin in 2018 auf eine schizzoaffektive Störung habe ich extreme Angst vor einer Psychose. Es spricht so vieles dafür. Nach der Verdachtsdiagnose war ich bei mehreren Psychiatern und Psychologen und als sagten ich hätte eine Angststörung und keine schizzoaffektive Störung. Nun denke ich mir aber, was ist, wenn sich alle anderen täuschen und die eine Ärztin Recht hatte? Ich merke selbst, dass es nicht einfach nur eine Angststörung ist.
Ich habe ein sehr schlechtes Gedächtnis, generell sehr starke kognitive Einschränkungen, kann kein Buch mehr lesen.. Die Konzentration ist schlecht, aber nicht wenn es um meine Gesundheit geht, also ich könnte jetzt keinen Roman lesen, aber dafür eine wissenschaftliche Arbeit über Schizophrenie, auch wenn ich am nächsten Tag nicht mehr wüsste, was ich da gelesen habe, weil mein Gedächtnis schlecht ist. Ich kann keine Freude empfinden, nichts macht mir Spass. Ich leide auch an Depressionen, allerdings sind diese erst in den letzten Jahren dazugekommen. Vorher war es immer dieses seltsame Gefühl und eben eine tiefe Angst, Angst vor allem möglichen und einfach dieses ruhelose. Mein Kopf denkt von morgens bis abends, ich kann mich nie entspannen. Ich höre mich auch selbst immer denken. Also keine fremden Stimmen, sondern mein Denken nehme ich bewusst wahr. Teilweise zwängt sich es einfach auf. Wenn ich mich zb mit jemandem unterhalte, was eh extrem schwierig ist, weil ich oft das Gefühl habe, die Sprache verlernt zu haben und mir die Wörter fehlen, dann höre ich meinen Kopf denken, was manchmal stört, denn dann muss ich aufhören zu sprechen und meinen Gedanken kurz zuhören, dann kann ich weiter reden. Bekomme vieles nicht mehr geregelt. Ich merke auch, wie gerade in den letzten zwei Jahren meine Fassade zusammenbricht. Außenstehende bemerken, dass mit mir etwas nicht stimmt, bin immer wieder mal krank auf der Arbeit, kann mich mit meinen Kollegen garnicht mehr über so normale Sachen unterhalten. Früher habe ich oft antidepressiva genommen, da ging es mir dann besser, das war wie ein erwachen, aber seit der Verdachtsdiagnose traue ich mich nicht mehr das Medikament einzunehmen weil die Ärztin damals zu mir sagte, dass mich das psychotisch machen könnte. Denn in der Anfangszeit des Sertralins hatte ich oft leichte paranoide Ängste und ich konnte nie gut schlafen damit und war dann oft so aufgedreht am nächsten Tag. Außerdem habe ich garkein Zeitgefühl mehr.
Ich selbst denke dass ich irgendwie eine Mischung aus allem habe. Ich kann hier garnicht all meine Symptome aufzählen. Das bekomme ich gerade nicht hin, weil ich keinen roten Faden habe. Ich habe schon drei klinikaufenthalte und viele Medikamente ausprobiert. Wegen meiner Angst konnte ich die Medikamente nie langfristig einnehmen. Jede Nebenwirkung habe ich als sehr bedrohlich erlebt. Und die Nebenwirkungen waren manchmal schlimmer als meine Symptome. Mit dem seroquel habe ich eine Ruhe in meinem Kopf gehabt, sie noch nie zuvor in meinem Leben. Ich konnte über Andere Sachen denken als über meine Gesundheit. Habe von morgens bis abends ein Roman gelesen. Allerdings empfand ich es als Hirnknebel, denn ich war so verändert. Mein Kopf war so leer und ich habe es als Kontrolleverlust empfunden, mir hat das Medikament einfach Angst gemacht. Jetzt denke ich mir, dass das vllt ein gesunder Zustand war und dass dieses Denken von morgens bis abends nicht normal ist. Ich konnte zu Zeiten des Seroquels auch das erste mal richtig gut arbeiten. Es war alles so klar im Kopf, nicht diese breite matschige Masse im Hirn. Allerdings war es so, dass ich dennoch depressiv war. Also die Stimmungsaufhellung, die ich von SSRI kenne, war nicht da. Und meine Beine und Arme zuckten oft und schliefen oft ein. Und ich hatte einfach Angst, dass ich die Tabletten nie wieder absetzen kann, wenn ich sie weitereinnehme, da dies oft der Fall ist bei den Antipsychotika.
Also ist es oft so bei mir. Die meiste Zeit bin ich depressiv , spracharm, kann nur langsam denken und reden, bin so richtig ausgebremst und wenn ich dann Stress habe, wie in den letzten drei Tagen, dann funktioniert alles schneller, ich denke sehr viel, Rede viel, kann dann nicht mehr gut schlafen, hab aufeinmal Energie für Sachen, für die ich sonst keine Energie habe, aber irgendwie ist alles so durcheinander im Kopf. Es fühlt sich aber nicht gut an, also manisch bin ich nicht. Ich nehme dann oft 12,5 mg seroquel, um wieder runter zu kommen und zu schlafen. Oft denke ich, dass die psychose deshalb noch nie richtig ausgebrochen ist, weil ich nämlich schnell dagegenlenke, aber so ist es doch auch kein Leben mehr, auch ohne akute Psychose nicht. Ich möchte wieder Appetit haben, mich freuen können, mich mit anderen Leuten verbunden fühlen und auch mit der Erde verbunden fühlen, mich selbst richtig wahrnehmen können, ein Buch lesen, ins Fitnessstudio gehen, nicht 24/7 mich mit sowas beschäftigen, ohne Angst aus dem Haus gehen können, einkaufen, kochen, mich weiterbilden...
Es tut mir Leid, dass ich so durcheinander schreibe, aber ich wollte hier schon vor einem Jahr etwas schreiben, war aber zu depressiv und jetzt musste ich diesen merkwürdigen Zustand ausnutzen, weil ich jetzt mehr Energie habe, dafür ist die Konzentration schlechter, bin so durcheinander. Wenn dieser Zustand in ein paar Tagen hinüber sein wird, werde ich wieder in dieses depressive verfallen.
Kann sich irgendjemand in meinen Symptomem wiederfinden? Diese komische Wahrnehmung, geht es nicht immer so los?? War das bei euch auch so? Dass sich dann alles gedreht hat, irgendwie schneller wurde im Kopf?
Kann man mit Medikamenten wirklich ein gutes Leben führen? Freude empfinden, sich konzentrieren, einen klaren Kopf und guten Sex haben, ohne dick zu werden? Auch wenn es viele nicht verstehen, aber dick werden und kein Gefühl mehr beim Sex zu haben erzeugen bei mir auch einen Leidensdruck, den ich einfach nicht hinnehmen kann.
Was hilft euch, in der Realität zu bleiben?
Ich habe einfach keine Kraft mehr so weiterzuleben. Auf Medikamente reagiere ich so heftig. Es ist, als ob es keinen Ausweg geben würde. Ich bin auch so ambivalent. Mal denke ich, alles hat einen Sinn, Heilung kann nur ohne Medikamente geschehen, egal wie schwierig es wird, mal denke ich, es geht einfach nicht ohne Medikamente.
Oft denke ich auch, ich hab meinen Weg gefunden, ich weiß wo es lang geht, imaginäre Arbeit, positive Gefühle bewusst spüren, Traumatherapie, Achtsamkeit, Glauben... doch dann denke ich, was ist wenn ich mich täusche und die Psychiaterin Recht hatte, dass ich mein Leben lang damit beschäftigt sein werde, mich zu therapieren.
Irgendwie war ich schon immer eigenartig. In der Kindheit fällt es halt nicht auf. Aber ich war schon immer anders.
Einen schönen Abend noch und ein großes Danke an den Gründer dieses Forums