Warum partielle Dopamin-Agonisten oft weniger emotional dämpfen
Aripiprazol, Brexpiprazol und Cariprazin wirken als Dopamin-D₂-Partialagonisten. Das heißt, sie blockieren den D₂-Rezeptor nur teilweise und modulieren je nach Dopamin-Spiegel zwischen agonistischer und antagonischer Wirkung. In mesolimbischen Arealen, die stark an Motivation und positiver Gefühlswelt beteiligt sind, bleibt so mehr dopaminerge Aktivität erhalten. Das mildert typische Antipsychotika-Effekte wie Antriebsarmut und „Gefühl der Leere“ deutlich ab
[1].
Rezeptorprofil im Detail
- D₂-intrinsische Aktivität: Cariprazin zeigt etwas geringere intrinsische Agonisten-Aktivität als Aripiprazol. Brexpiprazol liegt noch eine Stufe darunter. Dadurch ist Brexpiprazol am wenigsten mit innerer Unruhe (Akathisie) assoziiert, während Cariprazin durch seine zusätzliche D₃-Bindung stärker stimmungsaufhellend wirkt, aber auch häufiger akathisiebedingte Unruhe erzeugt [1].
- D₃-Affinität: Cariprazin hat besonders hohe Affinität zu D₃-Rezeptoren im limbischen System. Dieser Befund korreliert mit prokognitiven und antidepressiven Effekten und trägt dazu bei, dass Antrieb und Lust weniger stark gedrosselt werden als bei reiner D₂-Blockade [1].
- Serotonin- und Noradrenalin-Rezeptoren: Brexpiprazol wirkt zusätzlich als 5-HT₁A-Partialagonist und α₂C-Antagonist. Das schafft anxiolytische und antidepressiv-prokognitive Eigenschaften, ohne das Belohnungssystem zu übermitteln und die Emotionen einzuebnen [1].
Vergleich der partiellen Dopamin-Agonisten
Wirkstoff | D₂-intrinsische Aktivität | D₃-Affinität | 5-HT₁A-Agonismus | α₂C-Antagonismus | Emotionale Dämpfung | Einfluss auf Libido |
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Aripiprazol | Mittel | Niedrig | Gering | – | Leicht bis moderat | Eher neutral |
Cariprazin | Niedriger | Sehr hoch | Kaum | – | Kaum bis gering | Weniger stark gedämpft |
Brexpiprazol | Gering | Mittel | Mittel | Mittel | Am geringsten | Am geringsten |
Kurze Erläuterungen
- Niedrigere D₂-intrinsische Aktivität bewirkt weniger dopaminerge Modulation und damit ein milderes Dämpfungsprofil.
- Hohe D₃-Affinität (Cariprazin) unterstützt Antrieb und Stimmung ohne starken D₂-Blockade-Effekt.
- Zusätzlicher 5-HT₁A-Agonismus und α₂C-Antagonismus (Brexpiprazol) bringt anxiolytische und antidepressiv-pro-kognitive Effekte, ohne Belohnungsprozesse zu stark zu beeinträchtigen.
Libido vs. Emotionen – Neurochemische Trennung
Sexuelle Erregung und romantische Bindung greifen auf überlappende, aber nicht identische Netzwerke zurück:
- Sexuelle Funktionen steuert ein Zusammenspiel aus Sexualsteroiden (Testosteron/Östrogen), dopaminergen Signalen im Hypothalamus und limbischen Strukturen sowie inhibitorischen Serotonin-Systemen. Ein starker Serotonin-Überschuss (etwa durch SSRI) kann Libido massiv hemmen, während Grundemotionen erhalten bleiben können [2].
- Romantische Liebe aktiviert vor allem das mesolimbische Belohnungssystem (ventrales Tegmentum, Nucleus accumbens, Caudat) und später Oxytocin-Freisetzung zur Bindungsfestigung. Diese Netzwerke bleiben auch bei vermindertem Libidogefühl teilweise funktionsfähig [3].
Gibt es eine „Bruchlinie“?
Im Dual-Control-Modell werden erregende (Dopamin, Sexualsteroide) und hemmende (Serotonin) Einflüsse auf Libido unterschieden. Emotionale Verliebtheit nutzt zusätzlich Oxytocin und vasopressin, die weniger stark durch Serotonin gehemmt werden. Deshalb kann man verliebt sein, obwohl die sexuelle Lust gedämpft ist, und umgekehrt Libido haben, ohne starke romantische Gefühle zu empfinden
[2] [3].
Weiterführende Impulse
- Therapierelevanz: Wie beeinflussen SSRI-Add-Ons oder adjunctive Gabe von Buspiron (5-HT₁A-Agonist) das Zusammenspiel von Libido und Stimmung?
- Alltagstipps: Strategien gegen Antipsychotika-bedingte Libidominderung (Pausen diskutieren, Dosis-Timing).
- Forschung: Neue Targets wie Oxytocin-Analoga oder D₃-selektive Liganden zur Verbesserung von Antrieb und Bindung bei psychischen Erkrankungen.
Quellen:
[1]
Vergleichende Betrachtung der pharmakologischen Eigenschaften von Dopamin-D2-Rezeptor- Partialagonisten – ptt-online.de
[2]
Neurobiologische Grundlagen der menschlichen Sexualität – link.springer.com
[3]
Liebe ist Biochemie – und was noch? – dasgehirn.info