Bupropion (Elontril®, Wellbutrin®, Zyban®)
Einleitung
Bupropion ist ein atypisches Antidepressivum mit einem einzigartigen Wirkmechanismus, der es von anderen Antidepressiva unterscheidet. Bekannt unter Handelsnamen wie
Wellbutrin (für Depression) und
Zyban (für Raucherentwöhnung), hat es sich in der Behandlung verschiedener psychischer Erkrankungen und bei der Unterstützung der Nikotinentwöhnung etabliert. Seine vielfältigen Wirkungen und das vergleichsweise günstige Nebenwirkungsprofil machen es zu einem wichtigen Medikament in der Psychiatrie und Suchttherapie.
Pharmakologie und Verstoffwechslung
Wirkmechanismus
Bupropion wirkt primär als
Norepinephrin-Dopamin-Wiederaufnahmehemmer (NDRI). Es hemmt die Wiederaufnahme der Neurotransmitter
Noradrenalin und
Dopamin in die präsynaptischen Nervenzellen, wodurch die Konzentration dieser Botenstoffe im synaptischen Spalt erhöht wird. Dies führt zu einer
Stimmungsaufhellung,
Antriebssteigerung und kann die
kognitive Funktion beeinflussen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Antidepressiva hat Bupropion
keine signifikante Wirkung auf das Serotoninsystem, was erklärt, warum es ein anderes Nebenwirkungsprofil aufweist, insbesondere in Bezug auf sexuelle Dysfunktion und Gewichtszunahme.
Metabolismus
Nach oraler Einnahme wird Bupropion im Magen-Darm-Trakt resorbiert und unterliegt einem ausgeprägten
First-Pass-Metabolismus in der Leber. Der Hauptmetabolisierungsweg erfolgt über das
Cytochrom-P450-Enzym CYP2B6. Dabei entstehen drei aktive Metaboliten:
- Hydroxybupropion
- Erythrohydrobupropion
- Threohydrobupropion
Diese Metaboliten tragen wesentlich zur therapeutischen Wirkung bei, insbesondere
Hydroxybupropion, das eine längere Halbwertszeit als Bupropion selbst besitzt.
Eliminationshalbwertszeiten:
- Bupropion: ca. 10–20 Stunden
- Hydroxybupropion: ca. 20 Stunden
- Andere Metaboliten: variieren, aber länger als Bupropion
Besonderheiten im Metabolismus:
- CYP2D6-Hemmung: Bupropion hemmt das Enzym CYP2D6, was zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten führen kann, die über dieses Enzym metabolisiert werden.
- Genetische Polymorphismen: Unterschiede im CYP2B6-Enzym zwischen Individuen können die Metabolisierung und damit die Wirkung von Bupropion beeinflussen.
Klinische Anwendungen
Depression
Bupropion ist zugelassen zur Behandlung von
Major Depression. Es wird insbesondere bei Patienten eingesetzt, die:
- Antriebslosigkeit und Müdigkeit als Hauptsymptome aufweisen.
- Unter sexuellen Funktionsstörungen oder Gewichtszunahme durch andere Antidepressiva leiden.
Studien zeigen, dass Bupropion eine vergleichbare antidepressive Wirksamkeit wie andere Antidepressiva aufweist, jedoch mit einem
günstigeren Nebenwirkungsprofil in bestimmten Bereichen.
Raucherentwöhnung
Unter dem Handelsnamen
Zyban wird Bupropion zur Unterstützung der
Nikotinabhängigkeit eingesetzt. Es wirkt, indem es:
- Entzugssymptome reduziert.
- Das Verlangen nach Nikotin mindert.
- Die Belohnungseffekte des Rauchens abschwächt.
Klinische Studien belegen, dass Bupropion die
Erfolgsrate bei der Rauchentwöhnung signifikant erhöht, insbesondere in Kombination mit
Verhaltenstherapie oder
Unterstützungsprogrammen.
Aktuelle Forschung bei Schizophrenie
Hintergrund
Schizophrenie ist eine komplexe psychische Erkrankung, gekennzeichnet durch
positive Symptome (z. B. Halluzinationen, Wahnvorstellungen) und
negative Symptome (z. B. Antriebslosigkeit, sozialer Rückzug, emotionale Verflachung). Während Antipsychotika effektiv die positiven Symptome behandeln, bleiben negative Symptome oft bestehen und beeinträchtigen die Lebensqualität erheblich.
Bupropion bei negativen Symptomen
Aktuelle Forschung untersucht, ob Bupropion als
additive Therapie zu Antipsychotika die negativen Symptome der Schizophrenie verbessern kann:
- Noradrenalin- und Dopamin-Wirkung: Durch die Erhöhung dieser Neurotransmitter könnte Bupropion die Motivation und den Antrieb steigern.
- Studienergebnisse:
- Einige klinische Studien zeigen Verbesserungen in den negativen Symptomen bei Patienten, die zusätzlich zu Antipsychotika Bupropion erhalten.
- Verbesserungen in kognitiven Funktionen, wie Aufmerksamkeit und Arbeitsgedächtnis, wurden ebenfalls beobachtet.
Bupropion und Raucherentwöhnung bei Schizophrenie
- Hohe Raucherrate: Bis zu 80% der Menschen mit Schizophrenie rauchen, oft als Selbstmedikation zur Linderung negativer Symptome.
- Doppelte Wirkung von Bupropion:
- Raucherentwöhnung: Unterstützt Patienten dabei, das Rauchen aufzugeben, was zu einer Verbesserung der allgemeinen Gesundheit führt.
- Verbesserung negativer Symptome: Kann gleichzeitig die Symptomatik der Schizophrenie positiv beeinflussen.
Herausforderungen und Überlegungen:
- Wechselwirkungen mit Antipsychotika: Insbesondere hinsichtlich des Krampfanfallrisikos und pharmakokinetischer Interaktionen.
- Individualisierte Therapie: Die Wirksamkeit kann von Patient zu Patient variieren, weshalb eine sorgfältige Überwachung erforderlich ist.
Nebenwirkungen und Kontraindikationen
Häufige Nebenwirkungen
- Schlaflosigkeit: Aufgrund der stimulierenden Wirkung.
- Mundtrockenheit
- Kopfschmerzen
- Übelkeit
- Tremor (Zittern)
- Unruhe oder Angst
Krampfanfallrisiko
Bupropion ist mit einem erhöhten
Risiko für Krampfanfälle verbunden, insbesondere bei:
- Hohen Dosen über 450 mg täglich.
- Prädisponierenden Faktorenwie:
- Essstörungen (Anorexia nervosa, Bulimie).
- Kopfverletzungen in der Vorgeschichte.
- Alkohol- oder Benzodiazepinentzug.
Maßnahmen zur Risikominimierung:
- Dosisbegrenzung: Die empfohlene Tageshöchstdosis nicht überschreiten.
- Langsame Aufdosierung: Beginn mit niedriger Dosis und schrittweise Steigerung.
- Überwachung: Bei Risikopatienten engmaschige Kontrolle.
Kontraindikationen
- Anfallsleiden oder Krampfanfälle in der Vorgeschichte.
- Aktive Essstörungen (Anorexie, Bulimie).
- Gleichzeitige Anwendung von MAO-Hemmern.
- Akuter Alkohol- oder Benzodiazepinentzug.
- Schwere Leberzirrhose.
Wechselwirkungen
- CYP2D6-Hemmung: Bupropion hemmt dieses Enzym und kann die Plasmaspiegel von Medikamenten erhöhen, die über CYP2D6 metabolisiert werden (z. B. bestimmte Antidepressiva, Antipsychotika, Betablocker).
- Medikamente, die das Krampfanfälligkeit erhöhen: Vorsicht bei gleichzeitiger Einnahme.
Weitere therapeutische Anwendungen und Forschung
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
- Alternative Therapie: Bupropion wird off-label zur Behandlung von ADHS eingesetzt, insbesondere wenn Stimulanzien nicht vertragen werden oder kontraindiziert sind.
- Wirkung: Verbesserung von Aufmerksamkeit und Konzentration durch Dopamin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmung.
Adipositas-Behandlung
- Kombination mit Naltrexon: Das Medikament Mysimba (eine Kombination aus Bupropion und Naltrexon) ist zur Gewichtsreduktion zugelassen.
- Mechanismus: Appetitzügelnde Wirkung und Beeinflussung des Belohnungssystems.
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
- Forschung: Untersuchungen laufen, ob Bupropion Symptome der PTBS lindern kann, insbesondere bei Patienten mit komorbider Depression.
Fazit
Bupropion ist ein vielseitiges Medikament mit einem einzigartigen Wirkprofil. Seine Fähigkeit, Noradrenalin und Dopamin zu modulieren, macht es zu einer wertvollen Option in der Behandlung von Depressionen und als Unterstützung bei der Raucherentwöhnung. Aktuelle Forschung deutet darauf hin, dass Bupropion auch bei negativen Symptomen der Schizophrenie und anderen psychischen Störungen von Nutzen sein kann.
Wichtige Punkte:
- Individualisierte Therapie: Die Vorteile und Risiken von Bupropion sollten individuell abgewogen werden.
- Überwachung: Regelmäßige Kontrollen und Patientengespräche sind entscheidend, um Wirksamkeit und Sicherheit zu gewährleisten.
- Zukünftige Perspektiven: Weitere Forschung ist erforderlich, um das volle Potenzial von Bupropion in verschiedenen therapeutischen Bereichen zu verstehen.
Hinweis
Die Anwendung von Bupropion sollte stets unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Dieser Artikel dient der Information und ersetzt nicht die professionelle Beratung durch einen Arzt oder Apotheker.
Wussten Sie schon?
Bupropion wurde in den 1960er Jahren entwickelt und ursprünglich unter dem Namen
Amfebutamon bekannt. Erst später erkannte man seine Wirksamkeit bei der Raucherentwöhnung, was zur erneuten Zulassung unter dem Handelsnamen Zyban führte.