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Selbstvertrauen nach einer Psychose erlangen

Klippschliefer

Well-known member
Hallo,

ich würde sagen, dass ich aktuell keine psychotischen Symptome mehr habe. Vielleicht tauchen sie die nächsten Wochen/Monate mal wieder wellenartig auf, aber alles in allem sind sie weg.

Nun ist meine Selbstliebe und mein Selbstvertrauen völlig am Boden.

Vor meiner Psychose hab ich mich selbst echt geil gefunden, war Selbstbewusst und sogar etwas stolz auf meinen weirden Charakter, trotz dessen oder gerade weswegen ich recht beliebt war. Ich war flink in Konversationen und habe meist die richtigen Worte gefunden.

Nun hasse ich so ziemlich alles an mir. Ich denke mir sogar vielleicht habe ich es verdient Psychotiker zu sein. Ich hasse mich selbst und all die Dinge an mir, die mich von anderen Unterscheiden. Ich denke mir, dass es keinen Grund gibt mit mir befreundet sein zu wollen oder gar mich als anderes Geschlecht attraktiv finden zu können.

Ich hatte schon immer den Hintergedanken, dass jeder Mensch im Leben die Rolle eines Charakters in einem Buch annimmt. In diesen Büchern eines jeden gibt es Haupt- und Nebencharaktere. Manche Menschen tauchen auch nur als Nebencharaktere in den Büchern anderer auf. Sie existieren also nur um einen kurzen Einfluss auf den Hauptcharakter eines Buches zu haben. Ansonsten sind sie irrelevant. Damals sah ich mich immer als einen Hauptcharakter für den das Leben etwas größeres geplant hat. Nun sehe ich mich als simple Nebenrolle, die ihre Mission erfüllt hat und keinen weiteren Verwendungszweck auf diesem Planeten hat.

Nicht falsch verstehen... ich komme mir nicht wirklich depressiv vor. Ich lache noch und empfinde auch Freunde. Vielmehr hasse ich mich nun und denke, dass ich nichts mehr Wert bin.

Hattet ihr auch solche oder ähnliche Gedanken nach eurer Psychose und falls ja, wie habt ihr gelernt euch wieder selbst Lieben oder zumindest akzeptieren zu können?

Grüße

Nachtrag: Vielleicht fühle ich mich aktuell auch besonders schlecht wegen der Medikamentenreduktion
 
Naja das klingt als hättest du vorher ein übersteigertes selbstbewusstsein gehabt.. du schreibst ja du hast sogar anderen Menschen nicht den gleichen Wert als Mensch zugesprochen.

Als Jugendlicher oder in der Adoleszenz/Postadoleszenz ist es auch normal dass dies übersteigert ist und dann realistische Formen annimmt.

Aber bei dir klingt es ja, als wäre dein Selbstbild jetzt komplett im Keller. Das kann ich gut nachvollziehen. Geht mir genauso. Dass ich krank bin oder eine Behinderung habe, spielt dabei gar nicht so eine Rolle das haben viele Menschen. Eher dass ich im Leben nichts erreicht habe und diese krasse Sozialphobie, sodass ich regelrecht Angst vor vielen Menschen habe.

(( Nur am Rande, aber wenn es einem einmal bewusst es, dann stört es einen: Es gibt einen Unterschied zwischen Selbstbewusstsein, Selbstliebe, Selbstsicherem Auftreten und Selbstvertrauen, sowie Selbstwert. Selbstbewusstsein hat eigentlich eher etwas mit reflektiertem Verhalten oder Bewusstsein für das eigene Selbst zu tun. Im Englischen sagt man self confidence also eher Selbstsicherheit oder vertrauen. Aber kein Problem, das wird in Deutschland generell alles durcheinander geworfen))
 
Das liest sich echt so als hätte ich damals nen viel zu hohen Selbstwert gehabt. Das hatte ich echt nicht. Hab mich anderen jetzt nicht grundlos überlegen gefühlt oder so. Aber das Leben habe ich schon geliebt.

Wir müssen uns doch irgendwie wieder besser fühlen können. Vielleicht nach dem Motto Fake it till you make ist. Also einfach so tun als ob man wieder glücklich ist und man wird es auch?
 
Ich wollte bloß darauf hinaus, dass die meisten Menschen wahrscheinlich niemals Nebencharaktere waren, obwohl du ihnen diesen Wert zugesprochen hast und habe mich gewundert was du damit ausdrücken wolltest..

Geht es dir darum eine dominante Rolle in sozialen Situationen einzunehmen? Fühlst du dich unsicher mit anderen Menschen? "Sich selbst total geil finden" finde ich jetzt nicht besonders normal im Erwachsenenleben. Selbstverliebte Menschen werden gernell eher als unsympathisch wahrgenommen.
 
Ich weiß nicht wo dieses denken bei mir her kommt.

Ich denke halt wir erfüllen irgend ne Aufgabe in einer Art Buch. Und aktuell hab ich vielleicht meine Aufgabe schon erfüllt in dem Buch eines anderen und eigentlich hat mein Leben jetzt keinen Sinn mehr.

Hatte damals auch schon öfters den unbegründbaren Gedanken nur ein Nebencharakter sein zu können.

Aber ich bin nie rumgelaufen und hab Menschen als Haupt- und Nebencharaktere abgestempelt... das hat nie mein Denken dominiert.

Und sich selbst geil fühlen ist doch was gutes oder nicht? Einfach wohl im eigenen Körper und mit seinem Leben fühlen.
 
Sorry, dann hatte ich dich falsch verstanden. Ich finde schon man sollte ein realistisches Bild der eigenen Stärken aber auch Schwächen haben. Aber ein selbstsicheres Auftreten ist natürlich wichtig und Unsicherheiten in sozialen Situationen verbauen einem einfach so vieles.

Selbstverliebte Menschen durchschauen die meisten aber eigentlich direkt. Auch wenn durch die USA und durch Social Media heute oft der Eindruck entsteht es gehe in Kommunikation um Selbstvermarktung.

Wenn ich heute Jugendliche sehe, denke ich auch daran, wie mein Selbstwertgefühl damals völlig übersteigert war. Ich meine Jugendliche können gar nichts. Die benehmen sich nur wie Arschlöcher und haben quasi bisher gar keine Qualitäten erworben. Trotzdem denken sie, sie seien die tollsten und benehmen sich auch so... Völlig realitätsfern.
 
Sich selbst geil finden ist das allerwichtigste. Und da kann tatsächlich auch fake it till you make it helfen. Davon abgesehen sind wir alle nur Nebencharaktere. Keiner ist wichtiger als der andere. Nur in seiner eigenen Geschichte ist man der Hauptcharakter. Und was man daraus macht bleibt einem halt selbst überlassen. Ich mache den Vergleich immer mit einem Film. Meinem Film. Der ist bisher ziemlich abwechslungsreich - ich komme mir mittlerweile vor, als hätte ich viele Leben gelebt, und nicht nur eins. Ich war in so vielen unterschiedlichen Lebenssituation, hab sehr viele Dinge erlebt und gesehen und nicht nur Schule, Ausbildung, Beruf to eternity gemacht. Auf der anderen Seite passiert aber auch phasenweise sehr wenig in meinem Leben. Und dann denke ich mir halt, mein Film ist gerade halt ziemlich langweilig. Aber das ist nicht schlimm. Hollywood-Filme sind für die Masse gut, aber ich lebe nicht das Leben der Masse. Ich mag Hollywood Filme nicht mal. Ich mag kleine Fernsehspiele, wo auch mal den halben Film lang Stille herrscht, französische Arthouse Filme, wo es mal magisch wird und belgische Komödien, das allerböseste an Film auf diesem Planeten. Und so läuft auch mein Leben. Aus der Perspektive will ich einfach nur einen guten Film sehen. Da kommt dann auch gleich die Frage auf, ob wir überhaupt Einfluss haben, oder uns unser Selbstbewusstsein nicht nur einbilden. So nach dem Motto, wir glauben das was wir täten sind wir selbst, aber dabei sind das nur die Handlungen aus der Summe unserer Erlebnisse. Wir bilden uns ein den Ablauf zu bestimmen, wir bilden uns ein selbst bewusst Entscheidungen zu treffen. Aber vielleicht gucken wir in Wirklichkeit nur zu, bei unserem Leben. Vielleicht ist das dieser Film der vor dem Tod abläuft. Den Leben ist rückwärts betrachtet nichts anderes als Sterben. Ich für meinen Teil glaube damit bin ich ziemlich dicht an "der Wahrheit". Ich fahre damit gut, muss mich deswegen nicht unnötig schuldig fühlen und einige Buddhisten würden mir sicherlich zustimmen.

Achja, zur Eingangsfrage. Nach einer Psychose ist das Selbstvertrauen zerstört, ja. Das ist immer so, egal wieviele Psychosen man hat. Nachdem man die Kontrolle verloren hat, ist einem sehr bewusst wie wenig Einfluss man (auf den Film) hat. Das lässt einen klein werden. Das ist nicht schlimm, geht mit der Zeit wieder weg. Ich habe bei mir lediglich festgestellt, dass es nach jeder Psychose insgesamt weniger geworden ist. Ich habe mittlerweile eine ausgewachsene Sozialphobie. Bin am liebsten alleine. Flüchte mich wie es nur geht aus Situationen mit anderen Menschen. Es ist nicht nur so, dass mir das Selbstvertrauen fehlt, nein ich will auch nicht mehr in diesem Erwachsenenspiel "Wer hat den Längsten" mitmachen. Ich find das Spiel doof und unangenehm. Ich mach lieber schöne Sachen für mich. Das muss allerdings kein typischer Verlauf sein. Du kannst sicher etwas dafür tun, dass dein Selbstvertrauen sich wieder aufbaut. Da gibt es ja die üblichen Trainings. Aber oberstes Gebot ist wohl "Einfach machen". Wenn man etwas macht, fühlt man sich danach immer besser und langfristig hat man dann wieder mehr Selbstvertrauen. Wie gesagt mir ist das nicht mehr wichtig. Ich genieße die Stille in der derzeitigen Phase meines Films.
 
Eine Psychose oder auch nur allgemein eine psychische Erkrankung kann tatsächlich dazu führen, dass man beginnt, vieles zu hinterfragen, u.a. natürlich auch sich selbst. Da muss man sich dann wieder neu finden und die Erfahrungen von der Krankheit iwie integrieren.

Auch, dass man weniger Selbstbewusstsein hat, ist absolut verständlich, wenn man merkt, wie manche Dinge schlechter laufen als früher bezw. noch nicht ganz gut wieder sind.

Mein Eindruck von dir ist aber sehr positiv: Du scheinst dich langsam gut von deiner Krankheit zu erholen. Gewisse Fähigkeiten sind ja wieder da bezw, wieder am kommen. Ich denke auch, das Selbstvertrauen wird wieder von Woche zu Woche stärker, wenn du sieht, dass immer mehr Dinge wieder funktionieren (zB. bezüglich Kommunikation.) Ich würde, wenn ich dich wäre, auch aktiv mich herausfordern und Dinge machen, bei denen du dich unwohl fühlst. Geh mit Freunden/Bekannten raus...treffe dich mit neuen Leuten. Engagiere dich im Studium. Ich kann dir versprechen...es wird erstmals nicht alles perfekt laufen... du wirst auch bestimmt ab und an Rückschläge haben....aber indem du es machst, wird es wieder besser und immer wenn du merkst, das etwas besser klappt, bekommst du auch wieder mehr Selbstvertrauen. (Aber wichtig: Überfordere dich nicht. Steigere es lieber von Schritt zu Schritt)

Bezüglich Sinnessuche...ja da kann ich dir nicht sagen, nach welchem Sinn du streben sollst... das ist deine Sache, dies rauszufinden. Ich bin aber optimistisch, dass du das auch finden wirst.

Ich hoffe, ich habe dein Anliegen einigermassen verstanden und eine zufriedenstellende Antwort gegeben.
 
Ich finde den Spruch „Fake it till you make it“ auch sehr gut. Es ist ja auch erwiesen, dass das Gehirn neuroplastische Eigenschaften hat, z.B. Dass bei Beeinträchtigung einzelner Gehirnbereiche, andere Bereiche deren Funktion übernehmen, vorausgesetzt man setzt sich den Situationen aus, in denen man das Verhalten einüben kann.

Ich glaube ich kann gut nachvollziehen wie es mit deinem Selbstvertrauen steht. Es war bei mir genauso direkt nach der Psychose und ist auch noch zu großen Teilen mein Problem. Die Selbstsicherheit gegenüber anderen fehlt einfach. Auch entspannt sein im Kontakt mit anderen Menschen fällt mir zum Beispiel sehr schwer, aber es ist ein wenig besser geworden, durch viele Gespräche mit der Familie und Freunden. Dann merkt man irgendwann wieder, dass man trotz der Erkrankung noch jemand ist.

Ich habe auch vor der Erkrankungen eigentlich ständig Witze gemacht, jetzt traue ich mich manchmal nicht, weil ich Angst habe es ist unangebracht, aber mit Freunden kommt manchmal das „alte Ich“ irgendwie durch und ich finde das sollte man fördern, es ist halt verdammt schwer und zäh.
 
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