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Psychiatrische Tagesklinik - Eure Erfahrungen

Schizo_Typ

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11 Juli 2022
Beiträge
63
Hallo zusammen,

ich würde gerne wissen, weil bei mir ein Besuch einer Tagesklinik wegen der Schizophrenie ansteht, wie Eure Erfahrungen mit solchen Einrichtungen sind.

Hat jemand schon mal solch eine Einrichtung besucht? Wie ist es da? Geht die Zeit schnell rum? Wie lange dauerte Euer Aufenthalt.

Viele Grüße
Schizo_Typ
 
Eigentlich gibt's da kaum Unterschiede von teilstationär zu vollstationär. Man fährt halt Nachmittags nach Hause. Die Therapien sind aber ähnlich. Teilstationär würde ich nur für Leute empfehlen, die ein stabiles Umfeld haben. Wenn es familiär Spannungen gibt, würde ich einen vollstationären Aufenthalt bevorzugen.
 
Hallo @Schizo_Typ,

also ich war für 9 Monate in der Tagesklinik. Ich wurde sehr gut vom Personal behandelt und keineswegs unmenschlich. Zwischendurch war ich dann noch mal für 5 Wochen zur Medikamentenumstellung in der Psychiatrie. In diesen 9 Monaten habe ich fast keine schlechten Erfahrungen gemacht. Mir wurde die Krankheit in der Psychoedukation grob erklärt und wir haben in dieser Therapieform einen Krisenplan für jeden Einzelnen von uns Patienten erstellt. Dieser beinhaltete Notfallnummern der einzelnen Fachärzte, sowie die der Angehörigen und engen Freunden, und ein schrittweises Vorgehen bei einer akuten Psychose. Die Mitpatienten waren alle sehr freundlich und hilfsbereit. Wir haben uns alle untereinander sehr gut verstanden. Es gab fast keine Streitereien oder Konflikte. Jeder wurde gleichbehandelt, egal welcher gesellschaftlichen Schicht er angehörte. Es war sehr menschlich, im Gegensatz zur Arbeitswelt, die ich kennengelernt habe, in der viel mit Ellbogen gekämpft wird. Mir tat die Tagesstruktur gut, die ich in dieser Zeit hatte. Der Tag begann um 8 Uhr morgens und endete gegen 16 Uhr. Nur die ständige Ergotherapie nervte mich, weil ich diese Therapieform schon in meinen psychiatrischen Klinikaufenthalten zur Genüge hatte und ich da nichts Neues lernen konnte, außer wie man Körbe flechtet, was aber aus meiner Sicht nichts für den ersten Arbeitsmarkt bringt. Es soll lediglich das Selbstvertrauen wieder gestärkt werden, dass man noch in der Lage ist, was aus seinen eigenen Händen zu „erschaffen“ / herzustellen, meinten die Ergotherapeutinnen. Mir wurde auch kein Druck gemacht, schnellstmöglich wieder arbeiten zu gehen, im Gegensatz zu anderen Mitpatienten. Lag wahrscheinlich an meiner Erkrankung (hebephrene Schizophrenie). Die anderen Erkrankten mit Depressionen wurden nämlich nach ca. 3 Wochen Aufenthalt in der Tagesklinik unter Druck gesetzt, wieder arbeiten zu gehen. Ich war auch nicht lückenlos die 9 Monate in der Tagesklinik. Nach ca. 3 Monaten war ich dann immer wieder für 2 Wochen zur Belastungserprobung zu Hause, um zu prüfen, wie ich mit dem Alltag wieder zurechtkomme. Ich glaube auch, dass man nicht länger als 3 Monate am Stück in der Tagesklinik sein darf. Ich bin mir aber da nicht sicher. Vielleicht weiß das jemand im Forum, ob das so ist und wenn ja, warum.

Weitere Behandlungsmethoden/Therapieformen waren Tanztherapie, Aqua-Gymnastik (Wassergymnastik), Reittherapie, Rückengymnastik, kognitives Training, Spaziergänge und Entspannungsverfahren (PMR, Atemtraining, Gedankenstopp, Lebenspraktisches Training und Lichttherapie). Mittwochs stand immer ein Ausflug auf dem Programm. Am besten fand ich die Aqua-Gymnastik und die Reittherapie. Morgens ging es immer mit Frühsport/Morgengymnastik für ca. 15 Minuten los, außer montags und freitags. Denn an diesen Tagen fand immer eine Morgenrunde statt, bei der jeder Patient ein paar Sätze über sein Wochenende erzählen sollte, bzw. was er denn am Wochenende geplant hat. Dann wurde bis 9 Uhr gefrühstückt, anschließend ging es zur Ergotherapie oder gegebenenfalls zum kognitiven Training oder wir gingen spazieren bis 12 Uhr. Zwischendurch psychologische Gespräche für 30 Minuten, wenn einem natürlich ein Termin gegeben wurde, oder aber auch Gespräche mit dem Sozialarbeiter/der Sozialarbeiterin. Nachmittags standen entweder die verschiedenen Therapieformen an, zu denen jeder eingeteilt wurde, oder man hatte für 45 Minuten Psychoedukation. Dann anschließend wieder Ergotherapie bis 16 Uhr. Mittwochs fand, wie bereits geschrieben, immer ein Ausflug statt. Dieser ging gegen spätestens vormittags los und endete so gegen 15 Uhr. Dienstags war für mich immer Reittherapie angesagt und Donnerstag Aqua-Gymnastik. Ich glaube, dass dienstags oder mittwochs bei uns dann noch Tanztherapie vormittags stattfand. Diese Form der Therapie gefiel mir ebenfalls. Sie ging ca. 45 Minuten.

Nach der Tagesklinik habe ich anschließend eine Reha für psychisch kranke Menschen (RPK) in Görlitz absolviert, da die Betriebsärztin meines Arbeitgebers mich nicht gleich wieder auf die Arbeit schicken wollte. Ich war nämlich zu lange raus aus der Arbeitswelt und deswegen hat sie mir diese RPK empfohlen. Diese ging 1 Jahr und 3 Monate (9 Monate medizinische Reha und 6 Monate berufliche Reha). Das Personal war dort auch sehr human zu uns Patienten bzw. Klienten. Das einzige Negative aus meiner Sicht war, dass die Ärzte und die Sozialarbeiter/Sozialarbeiterinnen der Rehaeinrichtung einen mit Ach und Krach wieder in den 1. Arbeitsmarkt pressen wollten. Sie haben diesbezüglich wenig Rücksicht auf das Individuum und seinen Grenzen mit der psychischen Erkrankung genommen. Ich hätte mir gewünscht, dass einem auch Alternativen aufgezeigt werden, wie TWGs (therapeutische Wohngruppen für chronisch psychisch kranke Menschen) oder vlt. auch der 2. Arbeitsmarkt, plus Beziehen einer EM-Rente.

Nach der Reha wurde mir dann eine 6-stündige Erwerbsfähigkeit bescheinigt, laut Reha-Bericht, was mein Facharzt nicht verstehen konnte. Ich habe deswegen auch nicht die EM-Rente bekommen bei meiner Erstbeantragung. Ich habe dann von BU-Rente und ALG 1 gelebt und anschließend nach 6 Monaten erneut die EM-Rente beantragt, natürlich in Absprache mit meinem Psychiater. Das war im April dieses Jahres. Ende August wurde mir dann die EM-Rente von der RV auf 3 Jahre befristet bewilligt, aber die wird wahrscheinlich später unbefristet werden, meinte mein Psychotherapeut, sowie Psychiater.

Wenn du weitere Fragen hast, dann stell sie mir ruhig!

LG Oliver
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn du weitere Fragen hast, dann stell sie mir ruhig!

Hallo Oliver,

vielen Dank für den ausführlichen Bericht zum Thema "Tagesklinik - Eure Erfahrungen". Die Tagesklinik die ich mir ausgesucht habe, wirbt mit einem Aufenthalt von 5-8 Wochen. Nicht mehr und nicht weniger. Ehrlich gesagt, habe ich auch nicht so viel Lust auf Körbe pflechten. Da graust es mir bei dem Gedanken. Aber da muss ich wohl durch.

Wieso bist du zur Tagesklinik gegangen und anschließend zu RPK, wenn du doch die EM-Rente haben wolltest?

Gruß Schizo_Typ
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Oliver,

vielen Dank für den ausführlichen Bericht zum Thema "Tagesklinik - Eure Erfahrungen". Die Tagesklinik die ich mir ausgesucht habe, wirbt mit einem Aufenthalt von 5-8 Wochen. Nicht mehr und nicht weniger. Erlicher gesagt, habe ich auch nicht so viel Lust auf Körbe pflechten. Da graust es mir bei dem Gedanken. Aber da muss ich wohl durch.

Wieso bist du zur Tagesklinik gegangen und anschließend zu RPK, wenn du doch die EM-Rente haben wolltest?

Gruß Schizo_Typ
Hallo @Schizo_Typ,

5 bis 8 Wochen hört sich sehr wenig an, aber ist vermutlich von Klinik zu Klinik unterschiedlich. Die Mitpatienten, die ich kennengelernt habe, waren auch so von 5 bis 8 Wochen in der Tagesklinik, aber meistens wegen Depressionen. Danach wurden sie wieder unter Druck „rausgeschmissen“, um wieder schnellstmöglich ackern zu gehen und brav ihre Steuern zu zahlen. Bei schizophrenen Patienten war die Aufenthaltsdauer meist länger, wie bei mir.

Ich bin damals in die Tagesklinik gegangen, weil ich direkt von der geschlossenen Psychiatrie dorthin verlegt wurde. Ich habe dann erst bei diesen sozialtherapeutischen Unterrichtsstunden von der Sozialarbeiterin in der Tagesklinik erfahren, dass es sowas wie eine Erwerbsminderungsrente gibt.

Diese EM-Rente wird unter anderem nur geleistet, wenn eine Reha stattgefunden hat. Es gilt nämlich im Gesundheitssystem und Sozialrecht in Deutschland das Motto: „Reha vor Rente“, wo nochmals deine Leistungsfähigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt überprüft wird. Deswegen absolvierte ich diese Reha in Form einer Reha für psychisch kranke Menschen. Wie oben beschrieben, wurde mir nach der Reha jedoch eine 6-stündige Erwerbsfähigkeit laut Reha-Bericht bescheinigt. Dies war die Ursache, dass ich keine EM-Rente im ersten Anlauf bekommen habe, die ich während der Reha parallel beantragte. Es gibt aber auch Ausnahmefälle, bei denen Patienten direkt diese Rente bekommen haben, ohne eine Reha zu durchlaufen, zum Beispiel bei sehr starker Sozialphobie. Der Facharzt kann dich nämlich als nicht rehabilitationsfähig schreiben.

Persönlich wollte ich eigentlich nicht diese Rente. Es ging halt nur nicht mehr mit arbeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt, aufgrund der Erkrankung. Mein Psychiater vermerkte auch auf dem Befundbericht S0051, dass von mir nur die Teilrente erwünscht ist, weil ich nämlich versuchen wollte in einer Teilzeitstelle zu arbeiten. Dadurch hätte ich noch was zur Teilerwerbsminderungsrente hinzuzuverdienen können und hätte eine Aufgabe im Leben gehabt, um nicht ganz zu verblöden. Jedoch bekam ich die volle Rente zugesprochen. Jetzt bin ich froh, dass ich erst mal die volle Erwerbsminderungsrente für 3 Jahre erhalte und plus BU-Rente kann ich sehr gut in meiner Region leben. Da ich als Ingenieur gut verdient habe, fällt meine Erwerbsminderungsrente sehr gut aus. Mein Facharzt meinte zu mir, dass ich wahrscheinlich diese Rente auch unbefristet bekommen werde, weil meine Schizophrenie chronisch ist. Er rät mir auch davon ab, es trotzdem mit einem sozialversicherungspflichtigen Job zu versuchen. Der Grund liegt darin, dass ich wahrscheinlich nicht mehr so gut verdienen würde wie früher, was dadurch die Höhe meiner Erwerbsminderungsrente schmälert. Außerdem müsste ich wieder durch dieses ganze Prozedere mit der Beantragung der EM-Rente und Gutachtertermin und der Warterei auf den Bescheid, wenn ich wieder akut erkranke.
 
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