Hallo
Pendelte in einem Fall zwischen Poeple-pleasing und Sozialphobie und denke der neutrale Ort dazwischen, dort fühle ich mich am sichersten. Sobald ich in eine Richtung tendiere, ist ein Ausbruch der Psychose eher möglich. Ich wüsste auch nicht, wie man diese Mitte benennen könnte.
Seit über 20 Jahren bin ich nun Betroffene. Diagnose Paranoide Schizophrenie und war insgesamt 7Mal in der Psychiatrie. Dazwischen hatte ich auch lange Jahre, in denen ich ein gesundes Leben mit Medikamenten geführt habe mit Karrierewünschen, Partys und Freundschaften. Dazwischen war auch eine langjährige Phase der Selbstfindung, in welchen ich ohne Medikamente der Sache auf den Grund gegangen bin. Da habe ich viel gelesen mit dem Ergebnis: Es ist wie es ist und es gibt natürliche Gründe, die zur Psychose beigetragen haben welche meine Wahrnehmung beeinflussten und der seelische Urgrund quasi irgendwo hinter den Sternen stattgefunden hat/stattfindet.Summa Summaraum: einfach leben ist der Schlüssel und metaphysisch ist es immer die beste der Welten, in welcher wir und befinden.
Im Frühling war ich für einen Monat wieder in der Psychiatrie und diesmal gab es einen Auslöser, den ich mir so nicht habe vorstellen können:
Ich lernte einen Mann über die gängigen Datinglines kennen und er erzählte mir in wirren Worten, dass er im Krankenhaus sei. So ging ich ihn direkt besuchen und erkannte sofort, daß er paranoid und psychotisch ist. Er fühlte sich verfolgt und hier und dort bedrohen ihn. Angst, mit dem Zug nach Hause oder nach meinem Zureden, in die Psychiatrie zu fahren. Ab da habe ich mich total reingehängt. Mir selber ging es da schon 2Jahre wieder sehr gut und nun stand ich auf der anderen Seite. Also vor mir ein Mann mit paranoider Psychose. Und ist im gewöhnlichen Krankenhaus und als Außenstehende hab ich mich verantwortlich gefühlt, ihn irgendwie zu helfen. Er war im Krankenhaus gelandet, da er am Bahnhof in Ohnmacht gefallen ist und ich schätze, dass er eine Panikattacke hatte. Er hat die ganze Zeit nix zusammenbekommen und konnte mir Stundenlang nicht erklären, was vorgefallen ist und es hat die ganze Nacht gedauert, bis ich das irgendwie zusammensetzen konnte, warum er überhaupt im Krankenhaus ist und jetzt alle möglichen Untersuchungen bekommt. Er lief die ganze Zeit laut redend durch die Gänge und gab wirre Positionen seiner Verfolger durch. Ich konnte über Nacht im Krankenhaus bleiben und am nächsten Tag mit einem Arzt sprechen, welcher von dem Verdacht auf einen Tumor sprach und ich sagte ihm dass er schnellstmöglich mit Psychopharmaka behandelt werden müsste. Der Arzt sprach schlecht deutsch und konzentrierte sich auf seine Verdachtsdiagnose, welche er mir erklärte und reagierte auf meine Bitte, ihn psychiatrisch zu behandeln so gut wie gar nicht.
Jedenfalls stellte sich raus, daß die vielen Ärzte im Krankenhaus ihn von einer Untersuchung in die nächste schoben und ich versuchte ihm die ganze Zeit klarzumachen, dass er in die Psychiatrie muss. Ich war ihn noch einmal besuchen und da sich dort nix getan hat und die Ärzte im Krankenhaus ihn immer noch nicht verlegt haben in die Psychiatrie, war ich total überfordert und mit den Nerven am Ende dass die Psychose bei mir ausgebrochen ist. Diesmal hatte ich ungewöhnliche Schwarz -Weiß-Wahrnehmungen und Angstzustände und dachte, es wäre wieder alles vorbei. Nach einer Woche durch das psychotische Labyrinth, habe ich mich dann in die Psychiatrie begeben und konnte nach 1 Monat wieder stabil nach Hause. Währendessen rief ich immer wieder in der anderen Psychiatrie an und fragte ob er dort in Behandlung ist. Einmal war er tatsächlich in der geschlossenen dort erreichbar. Schrie aber direkt ins Telefon, daß ich ihn in Ruhe lassen soll. Er machte mich ab da für alles verantwortlich. Als er sich selbst entlassen hat, besuchte ich ihn zu Hause und er schmiss mich raus. Beim 2.Mal rief ich den Krankenwagen, damit er wieder in die Psychiatrie kommt und Medikamente bekommt. Ich dachte, dass er wahrscheinlich wieder Angst hat, den Bus zu nehmen. Das ganze war Erfolglos. Er bräuchte keine Hilfe sagte er den Krankenpflegern. Nach einiger Zeit meldete er sich schließlich bei mir um mir zu sagen dass er jetzt in der Psychiatrie sei. Dann habe ich ihn nach ein paar Wochen besucht, um mir nochmal ein Bild von ihm zu machen. Schließlich habe ich den ganzen Müll beendet, da er versucht hat, mich zu erpressen und seine ganze Konversation sich so herauskristallisiert hat, als spräche er mit Kindern. Narzismus gepaart mit Wahnvorstellungen. Absolut toxisch. Als er in dem allgemeinen Krankenhaus war, hatte ich total Mitleid und dachte: der Arme hat sein Bewusstsein verloren und braucht dringend Hilfe.
Diese Zeit war aber absolut anstrengend für mich und alles was er wiedergegeben hat war nur toxisch. Man sagt ja, wenn man mit dummen Menschen kommuniziert, man selber dumm wird. Trotzdem ist ein kleiner Erfolg zu verzeichnen, und zwar dass er nun in der Psychiatrie ist.
Die Geschichte ist lang geworden. 7 Monate, in welche ich mich so reingehängt habe. Die Hoffnung war die ganze Zeit da, daß er bald wieder der alte ist. Das Ding ist, das ich ihn nur psychotisch kannte und hoffte. Ganz der Alte bedeutet daß er ein dummer Narzist ist. Was noch hinzu kommt ist die Ohnmacht während man zusieht, wie ein anderer unter der Psychose leidet. Die Ignoranz der Ärzte aufgrund der eigenen Inkompetenz und die Schwierigkeit an sich, jemanden akut in die Psychiatrie zu winken. Während einer Psychose spielt bei dem Psychotiker Zeit keine Rolle. Da ich gesund bin, habe ich jedoch keine Zeit. 7Monate guter Hoffnung und ein quälendes "wie geht es weiter" und die Beobachtung von 3Monaten Zyprexatherapie ohne Erfolg ist genug Zeitinvestition.
Eine Erfahrung war es wert. Mittlerweile sehe ich es so, dass ich mich die ganze Zeit in ihm gespiegelt habe und ihm beistehen wollte, da er keine Familie hat, außer einen überfragten Bruder. Sehr anstrengend und nervenzermürbend die Zeit. Mein Energielevel war immer im Minus. Sogar habe ich selber einen abgekriegt und bin psychotische geworden. Gott sei Dank nur kurzzeitig. Nun bin ich aus dem Poeple-pleasing-Programm raus und schaue mir diesen Fall nun mehr aus der sozialphobischen Seite an.
Daß ich mich selber in ihm gesehen habe, so tröste ich mich.
Gestern habe ich was bei Hermes abgeholt und habe mich mit dem Mitarbeiter weggelacht wegen einem ganz einfachen Witz, der sich ergeben hat. Und das tat mir so gut, mich mit ganz normalen Leuten zu unterhalten, mal wieder lachen zu können und in guter Atmosphäre zu sein.