Liebe Emma, ihr lieben Alle,
ich kann ziemlich genau deuten, welche Gedanken und Inhalte in meinem Leben zu meinem Wahn geführt haben.
Als ich im Wahn war, war ich mir völlig sicher, dass ich gerade einen "Breakthrough" habe. Ich war total auf einem spirituellen Trip und wollte unbedingt erfahren, was Enlightenment bedeutet. Hinzu kamen aber noch viele andere Dinge, die ich in dem Moment eben alle in einen universellen Zusammenhang gebracht habe und wie es so ist im Wahn spiegelt sich das alles 1 zu 1 in der "Realität" in der man gerade ist.
Ich habe keine Stimmen gehabt während dem Wahn, aber ich habe quasi mit einer mir entfremdeten (wie hypnotisierten) Hand geschrieben und teilweise sehr laute und sehr lange Selbstgespräche geführt mit meinen "inneren Anteilen". Ich wollte alle Gefühle verstehen, weil ich mich als eine Art Retterin der Menschheit dafür auserkoren hatte, dass ich alle Menschen verstehen muss und deshalb eben auch alle Gefühle kennen muss, damit Menschen bei mir Rat suchen können.
Das mit dem inneren Team rührte auch daher, dass ich mich intensiv mit Aufstellungsarbeit befasst habe. An der Stelle ist es mir aber auch sehr wichtig zu betonen, dass ich der Technik selbst niemals "die Schuld" dafür geben würde, dass ich im Wahn gelandet bin. Auch wenn es gewissermaßen dazu beigetragen hat, konnte ich es gut nutzen, um mich wieder zu stärken und Klarheit über meinen Zustand zu gewinnen (Ich stelle gern selbst etwas für mich auf).
Ähnlich auch mit der Spiritualität. Es gibt da eben sehr viele Konzepte und so auch einiges, was ich überinterpretiert habe. Dass ich einen "Glauben" habe, stärkt mich gerade auch ungemein (Achtsamkeitsübungen, Meditation… )
Dazu kommen noch mehr Dinge, mit denen ich mich schon seit mehreren Jahren auseinander setze, wie jährliches Fasten (im Wahn glaubte ich, ich muss nichts oder nur ganz wenig essen) oder die intensive Auseinandersetzung mit Träumen. Ich hatte mir mal fest vorgenommen, klarträumen zu lernen. Im Wahn war ich wirklich wie auf Wolken unterwegs und war mir zwischenzeitlich auch ganz unsicher, ob ich wach bin oder ob ich träume.
Ich habe mich sehr für andere Bewusstseinszustände als den des "normalen" Wachzustands interessiert. Ich habe mich mit Atemtechniken und Kältetraining befasst (falls euch Wim Hof etwas sagt?) und all das kam im Wahn zusammen, sodass ich im Januar schwimmen gegangen bin. Da haben dann aber auch meine Glocken geläutet, dass etwas mit mir nicht stimmen könnte. So weit ungefähr die Themen, die ich alle "in meinen Kessel geworfen" habe.
Zu meinem Lebensumständen gehörte zu dem Moment, dass ich auf einer noch nie dagewesenen Erfolgswelle ritt. Und dann folgten zwei Begegnungen, die dann alles gesprengt haben. Zunächst traf ich auf einen älteren Mann, mit dem ich eine ganz starke seelische Verbindung hatte. Plötzlich wandte sich dann aber das Blatt und er war extrem aufdringlich und wirklich anzüglich und eklig. Er schrieb mir ewig viele SMS mit wirklich gestörtem Inhalt. Das hat mir richtig Angst eingejagt, sodass ich wegen ihm Verfolgungswahn hatte.
Die andere Begegnung war verrückt-schön, zu schön fast. Ich hab mich von jetzt auf gleich so arg verliebt, dass mir alle Synapsen durchgegangen sind.
Ja, so war das bei mir. Ich bin jetzt seit fast einem Monat runter von Medies, damit fühle ich mich ganz gut. Es hat jetzt schon ne Weile gedauert, bis ich das alles verarbeiten konnte. So ziemlich als Corona begann bin ich in eine depressive Phase gerutscht, die teils immer noch anhält. All das hat aber auch gerade viel mit mir und meiner Lebenssituation zu tun.
Das hört sich vielleicht etwas komisch an, aber in gewisser Weise bin ich ganz dankbar, dass mir das alles passiert ist. Es gehört jetzt irgendwie zu mir. Ich hoffe natürlich, dass es nicht nochmal passiert, aber ich bin mir auch ziemlich sicher, dass es mir auffallen würde, wenn ich wieder übermäßig anfange mir Gedanken zu machen, z.B. nicht mehr schlafen gehen und solche Sachen. Auch meinen Freunden und Bekannten gegenüber war ich offen mit der Geschichte, sodass ich auch dort nochmal Rückhalt habe, falls denen auffällt, dass was mit mir nicht stimmt.
Soweit von mir und in diesem Sinne: Passt gut auf euch auf.
Ich wünsche euch alles Gute,
Jiskah