Ich habe neben der schizoaffektiven Störung, die die Psychosen verursacht hat, auch noch eine ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung, die schon vorher bestand und sicher auch etwas damit zu tun hatte, dass ich psychotisch geworden bin. Durch meine soziale Phobie, die zu dieser Persönlichkeitsstörung dazu gehört, habe ich mich schon sehr früh sehr isoliert und wenn ich soziale Kontakte gesucht habe, war ich trotzdem sehr ruhig und es hat mich sehr angestrengt. Ich bin, auch wenn ich mir wegen der sozialen Phobie sehr große Mühe gegeben habe, Menschen zu gefallen, immer wieder angeeckt durch mein zurückhaltendes Verhalten und hatte dadurch das Gefühl, dass es keinen Platz für Menschen wie mich gibt. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Gefühl auch ein Auslöser für die Psychose war, neben Traumata und einer Manie, die ich zu der Zeit hatte.
Inzwischen habe ich sehr gute Freunde über's Internet gefunden, mit denen ich auch regelmäßig Sprach- und Videocalls mache, was für mich schon ein sehr großer Schritt ist. Ich denke sich ein Leben vorzunehmen, bei dem man soziale Kontakte pflegt wie es gesunde Menschen tun, ist bei einer sozialen Phobie etwas utopisch. Für mich wäre zum Beispiel der Beitritt in einem Verein wie ein Sprung ins kalte Wasser und würde mich total überfordern. Für manche kann das funktionieren, aber ich fahre besser damit, schrittweise herauszufinden womit ich mich wohlfühle und das ist auch das, was ich dir empfehlen würde. Am besten noch im Zusammenhang mit einer Verhaltenstherapie, die hat mir wirklich sehr geholfen.
Ich weiß nicht wie weit deine soziale Phobie geht oder ging, aber wenn du beispielsweise auch Angst vor alltäglichen Dingen wie Einkaufen, Bus fahren oder Arztterminen hast, gibt es auch die Möglichkeit des betreuten Wohnens, wo dir dann ein*e Sozialarbeiter*in zur Seite steht bei solchen Dingen. Und in Therapie kann man häufig auch praktische Übungen machen. Ich habe zum Beispiel mit meiner Therapeutin mal eine Übung gemacht, wo ich fremde Leute in der Stadt ansprechen und nach dem Weg oder nach Geld wechseln gefragt habe und in Läden gegangen bin, mich habe beraten lassen und dann wieder rausgegangen bin ohne etwas zu kaufen. Das hört sich vielleicht banal an, kann aber schon viel bringen, wenn man Angst hat, mit Menschen in Kontakt zu treten.