Maggi
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Psychose behandeln heißt wachsen lassen – Über die Schnittphase, Reifung und Feinpflege
Ausgangspunkt: Wenn der Mensch zum überreizten Baum wird
Phase 1 – Die Schnittphase: Kontrolle schaffen, Schutz geben
Phase 2 – Die Stabilisierungsphase: Der Stamm wächst
Phase 3 – Feinpflege der Äste: Bewusstheit ermöglichen
Perspektive: Eine Behandlung im Wandel – vom Zwang zur Wahl
Psychose behandeln heißt wachsen lassen – Über die Schnittphase, Reifung und Feinpflege
Ausgangspunkt: Wenn der Mensch zum überreizten Baum wird
Bei einer psychotischen Episode gerät das mentale Gleichgewicht aus den Fugen – Reize, Gedanken, Wahrnehmungen schießen ungebremst durch das Bewusstsein. Es ist, als würde ein junger Baum in alle Richtungen wuchern: ohne Form, ohne Halt, aber mit enormem Lebensdrang.Die Behandlung beginnt dort, wo Ordnung geschaffen werden muss – nicht, um den Baum kleinzuhalten, sondern um ihm Raum zu geben, sich tragfähig zu entfalten.
Phase 1 – Die Schnittphase: Kontrolle schaffen, Schutz geben
In der Frühphase braucht es oft klassische Antipsychotika – Medikamente, die dämpfen, beruhigen und stabilisieren. Diese Phase ist nicht ideal, aber oft notwendig: Sie schneidet Überwucherung ab, schützt das fragile System und beugt Eskalation vor.- Wirkstoffe: Olanzapin, Risperidon, Haloperidol
- Ziel: Reizabschirmung, Sedierung, Symptombremse
- Dauer: Wochen bis wenige Monate
- Kritik: Verlust an Lebendigkeit, emotionale Abflachung
Ein beschnittener Baum mag karg wirken – doch genau dieser Schnitt erlaubt späteres gesundes Wachstum.
Phase 2 – Die Stabilisierungsphase: Der Stamm wächst
Sobald der Sturm abgeflaut ist, beginnt die Phase des strukturellen Wachstums. Jetzt geht es um Wiedergewinnung von Alltag, Teilhabe und Orientierung.- Umstellung auf atypische Antipsychotika mit leichterer Verträglichkeit
- Reduktion der Dosis oder Beginn einer Intervalltherapie
- Aufbau von Routinen, Therapien, sozialer Struktur
Phase 3 – Feinpflege der Äste: Bewusstheit ermöglichen
Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit an sich selbst. Reize werden nicht mehr pauschal abgeschirmt, sondern bewusst verarbeitet. Hier entfalten aktivierende Medikamente wie Bupropion ihr Potenzial: Sie helfen gegen Negativsymptome und fördern Motivation.- Ziel: Lebendigkeit zurückgewinnen ohne Rückfallrisiko
- Wirkung: Verstärkung kognitiver Klarheit, Milderung depressiver Begleiterscheinungen
- Vorsicht: Antriebssteigernde Mittel nur bei stabiler Grundlage
Der Baum erkennt nun, wie er sich dem Licht zuwenden will – und wo Schatten wohltuend sind.
Perspektive: Eine Behandlung im Wandel – vom Zwang zur Wahl
Eine pauschale Dauermedikation ist nicht für jeden die beste Lösung. Der Wechsel von medikamentöser Kontrolle zu individuell abgestimmter Feinregulation braucht Zeit, Erfahrung und Mut.Und vielleicht ist das größte Ziel nicht völlige Freiheit von Medikamenten – sondern Freiheit im Umgang mit sich selbst.