Vitamin B9 (Folat) bei Schizophrenie: Mechanismen, Neurotransmitter & Symptomverbesserung
Einleitung
Vitamin B9, in der Medizin meist als Folsäure (synthetisch) oder Folat (natürlich) bezeichnet, ist essenziell für die DNA-Synthese, Zellteilung und einen reibungslosen Methylierungszyklus im Gehirn
[1]. Ein Folatmangel wird bei Menschen mit Schizophrenie besonders häufig beobachtet und korreliert mit erhöhten Homocysteinwerten, die neurotoxisch wirken können
[1].
Biochemischer Rahmen
One-Carbon-Metabolismus & Methylierung
- Folat wird in 5-Methyltetrahydrofolat (5-MTHF) überführt, das Homocystein zu Methionin remethyliert.
- Methionin liefert S-Adenosylmethionin (SAM), den universellen Methylgruppendonator für DNA-, RNA- und Proteinmethylierungen.
Homocystein-Senker
Hohe Homocysteinspiegel schädigen Endothel und Nervenzellen. Folatsupplemente normalisieren diesen Parameter und senken oxidativen Stress
[1].
Wirkmechanismen im Gehirn
- Neurotransmitter-Regulation
- SAM-abhängige Methylierung reguliert COMT-Aktivität, wodurch Dopaminspiegel im präfrontalen Kortex ausgeglichener bleiben.
- Epigenetische Modifikation von Genen für NMDA-Rezeptor-Untereinheiten verbessert Glutamatsignalgebung.
- Synaptische Plastizität & Neurogenese
- Folatmangel hemmt die Bildung neuer Neuronen im Hippocampus. Eine Supplementierung fördert dendritische Verzweigung und kognitive Funktionen.
- Entzündungs- und Oxidationshemmung
- Durch Senkung von Homocystein und verbesserten Methylierungsparametern sinkt neuroinflammatorische Aktivierung, die bei Schizophrenie verstärkt ist.
- Interaktion mit Cofaktoren
- Zusammen mit Vitamin B12 und B6 optimiert Folat den Metabolismus von Serotonin, Noradrenalin und GABA.
Einfluss auf Neurotransmitter
Neurotransmitter | Mechanismus | Wirkung bei Schizophrenie |
---|
Dopamin | COMT-Methylierung stabilisiert PFC-Dopamin | Verbesserte Exekutivfunktionen; weniger Negativsymptome |
Serotonin | Methylierung von TPH-Genen; Unterstützung von BH4 | Stimmungsregulation, Reduktion affektiver Störungen |
Glutamat | Epigenetische Hochregulation von NMDA-Rezeptoren | Bessere kognitive Verarbeitung, Lernleistung |
GABA | Indirekte Steigerung von GAD67-Expression | Beruhigende Wirkung, Verringerung innerer Unruhe |
Klinische Evidenz & Symptomverbesserung
- Metaanalyse (18 Studien) zeigte: Hochdosierte B-Vitamine (inkl. Folsäure) reduzierten Halluzinationen, verwirrtes Denken und flache Affekte signifikant im Vergleich zu Placebo[2].
- Spezifische Folat-Supplementierungen (2–5 mg/Tag) senkten nach 12–16 Wochen vor allem Negativ- und kognitive Symptome, vor allem in Kombination mit Vitamin B12 bei MTHFR-Mutationen.
- Ein Vitamin-B9-Mangel wurde mit schwereren Negativsymptomen und relativ milderen Positivsymptomen assoziiert; bei katatonischer Schizophrenie sogar häufiger nachweisbar[3].
Dosierung, Sicherheit & Formulierung
- Tolerable obere Aufnahmemenge für synthetische Folsäure liegt bei 1.000 µg/Tag.
- In Studien werden aber off-label bis zu 5 mg/Tag als adjuvante Therapie eingesetzt – stets unter fachärztlicher Kontrolle.
- Bei MTHFR-Polymorphismen ist bioaktives Methylfolat (5-MTHF) gegenüber Folsäure zu bevorzugen, da es direkt in den Methylierungszyklus eingespeist wird.
Praxisempfehlungen
- Kombination mit Vitamin B12 und B6 sichert den gesamten Methylierungs- und Neurotransmitter-Cocktail ab.
- Omega-3-Fettsäuren ergänzen antientzündlich und stabilisieren neuronale Membranen.
- Regelmäßige Kontrolle von Homocystein, Folat- und B12-Spiegeln sowie neurologische Monitoring stehen im Zentrum einer sicheren Supplementierung.
Fazit
Folat (Vitamin B9) stabilisiert zentralen Methylierungsweg, senkt Homocystein und unterstützt die Epigenetik sowie Neurotransmitter-Balance im Gehirn von Menschen mit Schizophrenie. Dadurch verbessern sich besonders Negativ- und kognitive Symptome. Eine therapeutische Adjuvanz von 2–5 mg Folat täglich (ggf. als Methylfolat) gilt als vielversprechend, bedarf aber weiterreichender Studien und strenger ärztlicher Begleitung.
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