Das tut mir so leid, Emily! Ich schicke dir ganz, ganz, ganz viel Kraft zu. Meine Partnerin hatte letztes Jahr im August ihre erste Psychose und mir ging's da ganz genau wie dir, ich habe die Welt nicht mehr verstanden. Ich finde es super, dass du dir direkt einen Therapieplatz gesucht hast für dich - hol dir bitte so viel Unterstützung wie du nur kannst, professionell und von Freunden, Familie. Du erlebst ja gerade auch eine Krise, deswegen kann ich total verstehen, dass du den Mut verlierst, aber ich möchte dir auch meinen Respekt aussprechen, weiterzumachen und dich um alles wie es scheint zu kümmern. Vergiss dich aber nicht dabei! Wenn du mal einen Tag Ruhe brauchst und ihn nicht besuchen kannst, ist das auch okay - ich habe bei meiner Partnerin total gemerkt, dass sie auf meinen Stress, meine Verzweiflung, meine negativen Gefühle reagiert hat und da sehr sensibel war, auch im Wahn. Und deinem Mann bringt es nichts, wenn du total am Ende bist. Das wollte ich dir nur sagen, dass du da schauen musst, wo deine Grenzen liegen und dass du dir das auch erlauben darfst, erschöpft zu sein mal.
Mit dem Wahn: meiner Erfahrung nach bringt es nur bedingt was (wenn überhaupt) zu versuchen jemanden aus dem Wahn herauszubringen. Die Einsicht ist vielleicht ein paar Minute da, dann geht's von vorne los oder - im schlimmsten Fall - derjenige wird skeptisch und misstrauisch dir gegenüber. Ich habe meiner Partnerin auch versucht alles logisch zu erklären und das Gefühl gehabt ich erreiche sie, im Endeffekt hat sie dann aber auch Angst vor mir bekommen. Ich würde also versuchen, über neutrale Themen zu sprechen oder versuchen an schönen Erinnerungen anzuknüpfen, nicht gegen den Wahn zu argumentieren. Du kannst natürlich versuchen, mit ihm in ein Gespräch über den Wahn zu kommen, damit er sich gehört und ernst genommen fühlt. Aber meistens waren die Besuche bei uns auch sehr einseitig - ich habe viel geredet, meine Partnerin zugehört. Einmal hat sie mich auch weggeschickt, weil es ihr zu viel war, mich zu sehen. Dein Mann macht ja momentan auch die Hölle durch, wenn er also mal nicht reden kann oder dich nicht sehen will oder so, versuch es nicht persönlich zu nehmen. Dein Mann wird jetzt auch auf viel Abneigung stoßen, weil natürlich jeder den Wahn sofort weghaben will, aber das ist nunmal seine Realität gerade, deswegen würde ich versuchen, ruhig zu bleiben und ihm das Gefühl zu geben, dass du ihm ernsthaft zuhörst und es dich interessiert, was er zu sagen hat. Meiner Meinung nach passieren Psychosen aufgrund von psychischen Krisen, viel Stress, Druck etc. etc. etc., so viel, dass der Mensch damit nicht mehr klarkommt. Also nicht den Kopf hängen lassen! Meine Freundin nimmt auch seit einem Monat keine Tabletten mehr und hat keinerlei psychotischen Symptome, aber wir haben einen Krisenplan aufgestellt für den Fall der Fälle.
Die Tabletten wirken meistens relativ schnell, Risperidon ist eins der Antipsychotika, die am potentesten sind. Mach dich aber auch darauf gefasst, dass er wenn er aus der akuten Psychose heraus ist wahrscheinlich (sehr) depressiv sein wird. Das ist normal, im Hirn war absolutes Chaos, das muss sich wieder dran gewöhnen, die Antipsychotika verstärken das leider noch extrem (zumindest bei meiner Partnerin, gerade Risperidon). Meine Partnerin hat sich mehrmals selbst entlassen und hatte Absetzpsychosen, also bitte niemals die Tabletten von heute auf morgen absetzen! Wenn er das möchte, wenn er wieder daheim ist, versuch ihm zu erklären, dass das mit Bedacht und langsam gemacht werden muss, bestenfalls mit einem Psychiater, die sind aber meistens eher negativ eingestellt, was das angeht. Daher kann ich dir aber nicht sagen, ob danach eine Reha kommt, bei uns war das auf jeden Fall nicht der Fall, einen Psychiater haben wir auch nicht bekommen, einen Therapeuten schon gar nicht, vielleicht hat hier jemand mehr Erfahrungen mit.
Es wird aber nicht leicht. Ich möchte dir nicht die Hoffnung nehmen, aber Psychosen sind unheimlich stigmatisiert, wir haben über 40 Absagen bekommen bei Therapieplatzanfragen leider. Ich finde das jedes Mal unheimlich traurig zu sehen, wie psychose-erfahrene Menschen behandelt werden (oder eben nicht). Aber meiner Freundin geht es verhältnismäßig wieder gut, sie hat zum Glück Therapie bei ihrer alten Therapeutin wieder, aber sie verarbeitet noch alles, was passiert ist und das wird wahrscheinlich auch noch eine Weile dauern.
Ich würde dir auch empfehlen, Bücher zu lesen, die nicht diese Katastrophenzukunft ausmalen. Nicht jede Psychose ist Teil einer Schizophrenie. Ich fand das Buch "Menschen mit Psychose-Erfahrung begleiten" von Thomas Bock gut, das hat einen ziemlich menschlicken Blick auf Psychosen. Welche Bücher ich mir aus demselben Grund anschauen möchte, aber noch nicht habe, sind von Jann Schlimme. Außerdem diese Broschüre zum Verstehen von Neuroleptika (geht über das Absetzen, ist ja jetzt erstmal nicht so Thema, kann aber gut sein, dass er viele Nebenwirkungen haben wird, deswegen fand ich's gut, da mehr zu verstehen, wie schlimm das wirklich sein kann):
https://www.dgsp-ev.de/fileadmin/user_files/dgsp/pdfs/Publikationen/DGSP_Broschuere_Neuroleptika_reduzieren_und_absetzen.pdf
Ihr wedet das schaffen. Wenn das erst die zweite Psychose ist und gerade viel in eurem Leben passiert ist mit dem Baby, kann das einfach eine Stressreaktion sein für die er anfällig ist und ihr könnt in Zukunft schauen, dass ihr auf sowas vorbereitet seid. Die Akutstation ist leider wirklich nur... Ruhigstellung, meiner Erfahrung nach, Therapie gibt es da kaum bis nicht und aufgeklärt würde meine Partnerin nicht, ich auch nicht (wir sind aber auch nicht verheiratet). Da gibt es hoffentlich mehr auf der offenen Station, ich würde vermuten, dass das sein Weg dann ist! Ich drücke euch die Daumen. Vielleicht gibt es auch Angehörigengruppen? Da kannst du gerne mal auf der Station nachfragen! Du kannst für ihn nämlich gerade nicht so viel machen, aber für dich. Wenn er dann wieder aus dem akuten Wahn draußen ist, sieht das anders aus! Ich glaube man sagt, dass die Tabletten so nach 4 Wochen ihre volle Wirkung haben, meine Partnerin war aber auch schon früher nicht mehr akut psychotisch.
Bitte komm immer her, wenn du reden magst!
edit/ Ich habe total vergessen: schau doch mal, ob es einen sozialpsychiatrischen Dienst bei euch gibt! Die können dir vielleicht bei allen möglichen Fragen auch weiterhelfen, vielleicht auch bei Therapeutensuche, Angehörigengruppen etc. etc.