vagabundin
New member
Hallo,
ich bin Angehörige, Freundin und Gefährtin eines Doppeldiagnosepatienten (Sucht und Psychose).
Wir kennen uns seit 3 Jahren und so lange sind wir auch zusammen.
Mein Freund befindet sich im Substitutionsprogramm, um auf legalem Wege mit seiner Situation zurechtzukommen, was ihm meiner Meinung nach überwiegend auch gelingt: Er zeigt sich gewissenhaft in Termineinhaltung und wahrheitsgetreuen Angaben.
Was seine Psychose betrifft, gehört er wohl zu dem Drittel, von dem gesagt wird, dass es nicht mehr gesund wird, denn ihm wurde 80 Prozent Schwerbehinderung attestiert und eine Betreuerin zur Seite gestellt.
Noch lebt er in einer anderen Stadt, ca. 450 km von mir entfernt. Da ihm jedoch Wohnung und Strom, bedingt durch die letzten Entgleisungen (Ausbruch Psychose + Sucht), gekündigt wurden, steht er kurz vor der Umsiedlung ins Sozialtherapeutische Wohnen, ganz in meiner Nähe (reiner Zufall – ich freue mich natürlich).
Ich möchte betonen, dass er, sofern es ihm gut geht, ein gepflegter Mensch ist, mit Manieren, einem verbliebenen Rest von Eloquenz, und, wenn es ihm sehr gut geht, Wissbegier (er interessiert sich für Geschichte und Geographie). Sein Hauptschulabschluss steht in keinem Verhältnis zu seinem Potential.
Er setzt sich für die Schwachen ein (sofern möglich) und feilt beharrlich an der Verbesserung der Welt (auch Inhalt der Psychosen der letzten drei Jahre), meist im stillen Kämmerlein, selbst eine Reise bis nach Lappland hat er deswegen unternommen.
Unsere gemeinsame große Leidenschaft ist (war?) ebenfalls das Reisen; wir sind durch so manche Stadt gestromert, in der er dann nebenbei seine Aufträge erledigt hat.
Trotz allem hatten wir immer sehr viel Spaß miteinander, von der seelischen und körperlichen Ebene ganz zu schweigen. Wir waren (sind?) uns sehr verbunden. Er hat mir stets vertraut.
Er ist mit viel Spürsinn ausgestattet, wusste oft, was in mir vorgeht, obwohl ich die Dinge mit mir selbst auszumachen pflege und dann versuche, mir nichts anmerken zu lassen.
Er hat eine perfektionistische Ader, moralisch einwandfrei zu handeln, hält er hoch.
Nun meldet sich der Mensch, von dem ich all dies annahm, nicht mehr. 3 Monate ist unser letzter Kontakt jetzt her.
Natürlich hatte ich zuerst an das Schlimmste gedacht und nach einiger Zeit seine Betreuerin erreicht. Zum einen fiel mir ein Stein vom Herzen, als ich hörte, es gehe ihm derzeit sehr gut, man könne sich jetzt “ganz normal” mit ihm unterhalten. Zum anderen fühlte ich mich, als würde mir jemand das Gehirn absägen. - Warum meldet er sich nicht mehr bei mir?
Ich habe ihm in den drei Monaten 2 Kärtchen und einen Brief geschickt (ein Sich-nicht-Melden war in der Vergangenheit schon einmal vorgekommen, aber nie so lange). Und auf meine Frage, wann ich ihn besuchen kommen könne, hätte er sonst immer reagiert. Diesmal nicht.
Klares Signal oder liegen die Dinge hier anders?
Zuletzt hatte er mich an meinem Wohnort besucht, es war überhaupt nichts vorgefallen, bis auf dass er sein Antipsychotikum vergessen hatte, es war uns dann aber gelungen, das zu organisieren (am Wochenende nicht ganz einfach), obwohl die akute Psychose bereits wieder aufflammte. Während dieser Zeit war er sehr anhänglich und wir waren weit wandern. Danach ist er dann völlig erschöpft ins Bett gefallen.
In letzter Zeit fragte er zudem verstärkt, ob ich ihn auch nicht fallen ließe. – Nun lässt er mich fallen. Ich kann das überhaupt nicht deuten.
Achtung: Er hat kein Telefon mehr. (Handy sowieso nicht. Und Internet gleich gar nicht.)
Es ist so, dass er seit mindestens einem halben Jahr in seiner Wohnung ohne elektrisches Licht, ohne die Möglichkeit, sich etwas kochen zu können, sitzt. Essen holt er sich bei der Bahnhofsmission (natürlich habe ich ihm Hilfe angeboten, aber er nimmt nichts mehr an). Er läuft oft in seinem Flur auf und ab und denkt nach.
Zu seinen Familienangehörigen hat er den Kontakt wohl auch seit längerem eingestellt.
Natürlich könnte ich zu ihm fahren, aber lässt er mich dann überhaupt rein? Bin ich ihm denn überhaupt noch was wert?
Oder liegt das alles daran, dass er jetzt die Höchstdosis an Olanzapin, 20 mg, bekommt? Oder dass Olanzapin überhaupt kaum bei ihm wirkt (so war es mir in der Vergangenheit manchmal vorgekommen)?
ich bin Angehörige, Freundin und Gefährtin eines Doppeldiagnosepatienten (Sucht und Psychose).
Wir kennen uns seit 3 Jahren und so lange sind wir auch zusammen.
Mein Freund befindet sich im Substitutionsprogramm, um auf legalem Wege mit seiner Situation zurechtzukommen, was ihm meiner Meinung nach überwiegend auch gelingt: Er zeigt sich gewissenhaft in Termineinhaltung und wahrheitsgetreuen Angaben.
Was seine Psychose betrifft, gehört er wohl zu dem Drittel, von dem gesagt wird, dass es nicht mehr gesund wird, denn ihm wurde 80 Prozent Schwerbehinderung attestiert und eine Betreuerin zur Seite gestellt.
Noch lebt er in einer anderen Stadt, ca. 450 km von mir entfernt. Da ihm jedoch Wohnung und Strom, bedingt durch die letzten Entgleisungen (Ausbruch Psychose + Sucht), gekündigt wurden, steht er kurz vor der Umsiedlung ins Sozialtherapeutische Wohnen, ganz in meiner Nähe (reiner Zufall – ich freue mich natürlich).
Ich möchte betonen, dass er, sofern es ihm gut geht, ein gepflegter Mensch ist, mit Manieren, einem verbliebenen Rest von Eloquenz, und, wenn es ihm sehr gut geht, Wissbegier (er interessiert sich für Geschichte und Geographie). Sein Hauptschulabschluss steht in keinem Verhältnis zu seinem Potential.
Er setzt sich für die Schwachen ein (sofern möglich) und feilt beharrlich an der Verbesserung der Welt (auch Inhalt der Psychosen der letzten drei Jahre), meist im stillen Kämmerlein, selbst eine Reise bis nach Lappland hat er deswegen unternommen.
Unsere gemeinsame große Leidenschaft ist (war?) ebenfalls das Reisen; wir sind durch so manche Stadt gestromert, in der er dann nebenbei seine Aufträge erledigt hat.
Trotz allem hatten wir immer sehr viel Spaß miteinander, von der seelischen und körperlichen Ebene ganz zu schweigen. Wir waren (sind?) uns sehr verbunden. Er hat mir stets vertraut.
Er ist mit viel Spürsinn ausgestattet, wusste oft, was in mir vorgeht, obwohl ich die Dinge mit mir selbst auszumachen pflege und dann versuche, mir nichts anmerken zu lassen.
Er hat eine perfektionistische Ader, moralisch einwandfrei zu handeln, hält er hoch.
Nun meldet sich der Mensch, von dem ich all dies annahm, nicht mehr. 3 Monate ist unser letzter Kontakt jetzt her.
Natürlich hatte ich zuerst an das Schlimmste gedacht und nach einiger Zeit seine Betreuerin erreicht. Zum einen fiel mir ein Stein vom Herzen, als ich hörte, es gehe ihm derzeit sehr gut, man könne sich jetzt “ganz normal” mit ihm unterhalten. Zum anderen fühlte ich mich, als würde mir jemand das Gehirn absägen. - Warum meldet er sich nicht mehr bei mir?
Ich habe ihm in den drei Monaten 2 Kärtchen und einen Brief geschickt (ein Sich-nicht-Melden war in der Vergangenheit schon einmal vorgekommen, aber nie so lange). Und auf meine Frage, wann ich ihn besuchen kommen könne, hätte er sonst immer reagiert. Diesmal nicht.
Klares Signal oder liegen die Dinge hier anders?
Zuletzt hatte er mich an meinem Wohnort besucht, es war überhaupt nichts vorgefallen, bis auf dass er sein Antipsychotikum vergessen hatte, es war uns dann aber gelungen, das zu organisieren (am Wochenende nicht ganz einfach), obwohl die akute Psychose bereits wieder aufflammte. Während dieser Zeit war er sehr anhänglich und wir waren weit wandern. Danach ist er dann völlig erschöpft ins Bett gefallen.
In letzter Zeit fragte er zudem verstärkt, ob ich ihn auch nicht fallen ließe. – Nun lässt er mich fallen. Ich kann das überhaupt nicht deuten.
Achtung: Er hat kein Telefon mehr. (Handy sowieso nicht. Und Internet gleich gar nicht.)
Es ist so, dass er seit mindestens einem halben Jahr in seiner Wohnung ohne elektrisches Licht, ohne die Möglichkeit, sich etwas kochen zu können, sitzt. Essen holt er sich bei der Bahnhofsmission (natürlich habe ich ihm Hilfe angeboten, aber er nimmt nichts mehr an). Er läuft oft in seinem Flur auf und ab und denkt nach.
Zu seinen Familienangehörigen hat er den Kontakt wohl auch seit längerem eingestellt.
Natürlich könnte ich zu ihm fahren, aber lässt er mich dann überhaupt rein? Bin ich ihm denn überhaupt noch was wert?
Oder liegt das alles daran, dass er jetzt die Höchstdosis an Olanzapin, 20 mg, bekommt? Oder dass Olanzapin überhaupt kaum bei ihm wirkt (so war es mir in der Vergangenheit manchmal vorgekommen)?